Das iPad und ich, 4: Gaming mit dem iPad

Fast ein halbes Jahr nach Beginn der Artikelserie und zwei Monate nach dem letzten Artikel gibt’s nun endlich den letzten Teil meiner „Das iPad und ich“ Serie. Neben dem Umstand, dass das iOS4.2 Update bis November auf sich warten ließ, dauerte es schlicht und einfach seine Zeit, bis genug „vernünftige“ Spiele für das iPad verfügbar waren.  Inzwischen ist es Februar 2011 und ich denke dass die Zeit endlich reif für meine persönliche iPad-Gaming Meinungsverkündung ist.

Wie der Phil vom Rundum Podcast und ich schon in Episode 8 vom humeCAST festgestellt haben, ist das iPad nur eingeschränkt als Spieleplattform tauglich. Das Fehlen von physischen Knöpfen und die reine Beschränkung auf den Multi-Touchscreen und die Bewegungsensoren macht das Spielen des überwiegenden Großteils von schnellen Actionspielen zum Problem.

Der an Halo angelehnte Shooter N.O.V.A. sieht zwar grafisch einwandfrei aus, aber ich kam in Kampfsituationen mit dem gleichzeitigen Schießen+Lenken+Ausweichen einfach nicht zurecht.  Es ist zwar praktisch, dass man die Buttons frei über den Screen verteilen kann, aber ob man sie dann in der Hitze des Gefechtes auch erwischt ist eine andere Frage.

Das erst kürzlich erschiene DEAD SPACE fürs iPad geht hier einen anderen Weg: Anstatt On Screen Buttons drücken zu müssen, genügt es in die linke oder rechte Hälfte des Screens zu tappen um zu schießen bzw. zu lenken, während man durch Kippen des iPads zwischen Waffenfunktionen umschalten kann. Das Steuerung funktioniert dank des eher langsamen Gameplays von Dead Space recht gut, ist aber trotzdem umständlich und nicht mit einer Steuerung mit physischen Buttons vergleichbar.

Ähnlich verhält es sich mit Jump ’n‘ Run Games. Generell lässt sich sagen, dass so gut wie alle Arten von Spielen, wo es um schnelle Reflexe und eine punktgenaue Steuerung geht, am iPad nicht wirklich gut funktionieren. Das gilt natürlich stellvertretend auch für  alle anderen Tablets und Smartphones, die keine physischen Buttons zum Spielen bereit stellen.

INFINITY BLADE von Epic Games wurde extra für iPhone und iPad entwickelt und kann mit beeindruckender Echtzeit 3D Grafik begeistern. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Next-Gen Rollenspiel, ist aber im Prinzip nur ein Reaktionstest: Bei den grafisch atemberaubenden Kämpfen simuliert man durch Fingerwische quer über den Screen Schwerthiebe, muss sich vor gegnerischen Attacken wegducken und kann verschiedene Zauber und Spezialattacken verwenden. Das hat den Vorteil, dass keine punkt- und zeitgenauen Eingaben notwendig sind und grobes Wischen genügt. Perfekt also für Touch Screen Devices. Außerhalb der Kämpfe hat man leider keine Bewegungsfreiheit, sondern schreitet auf fixen Pfaden von Gegner zu Gegner, und wenn man flink ist kann man dazwischen verschiedene Boni aufsammeln. Im Prinzip ist INFINITY BLADE nicht sonderlich fordernd oder komplex, aber das durch Wischen simulierte Schlagen mit dem Schwert macht durchaus Spaß. Sicher kein System-Seller, aber auf jeden Fall eine beeindruckende Demonstration von den Fähigkeiten des iPads.

Die Touch Steuerung bietet sich eher für Spiele mit langsamerer Spielgeschwindigkeit an, wie zum Beispiel Adventures. Die Special Editions von MONKEY ISLAND 1 & 2 funktionieren einfach wunderbar und ließen bei mir zum ersten mal den Eindruck entstehen, dass man sich mit dem iPad tatsächlich vernünftig die Zeit mit „großen“ Spielen vertreiben kann. Erfreulicherweise wächst die Auswahl an Adventure Titeln fürs iPad stetig.

Neben den Klassikern SIMON THE SORCERER 1 & 2 gibt’s inzwischen auch BAPHOMETS FLUCH 1 (Special Edition) & 2 und auch Telltale bieten bereits Teile der neuen SAM & MAX und TALES OF MONKY ISLAND Serien im App Store an. Bei letzteren bemerkt man die relativ schwache Hardware des iPads aber doch, denn T.O.M.I. ruckelt teilweise stark und die 3D Steuerung ist manchmal durch kleine Verzögerungen auch etwas hakelig. Das wird mit dem leistungsstärkeren iPad2 wahrscheinlich besser, aber im Moment fühlen sich am iPad eindeutig die 2D Adventures am besten an.

Ich kann mir auch gut vorstellen dass alle Arten von Strategie Spielen wunderbar auf dem Gerät funtkionieren würden. Da ich aber dieses Genre kaum spiele, konnte ich das leider nicht genauer unter die Lupe nehmen.

Ich sprach vorhin schon von „großen“ Spielen, was impliziert dass es auch „kleine“ Spiele gibt. Ich meine damit die bereits vom iPhone bekannten Spielerein für  zwischendurch, wie etwa DOODLE JUMP, ANGRY BIRDS, CUT THE ROPE oder etwa auch PLANTS VS ZOMBIES. Diese sehr spaßigen, aber doch eher simplen Spielchen funktionieren auf dem rund um die Uhr bei sich getragenen Mobiltelefon wunderbar um  unterwegs kurze Wartezeiten zu verkürzen. Auf dem doch recht großen iPad machen sie zwar auch Spaß, aber meine persönliche Motivation, extra das iPad hervorzukramen um ein Angry Birds spielen zu können, ist doch eher gering. Die Ausnahme machte hier PLANTS VS ZOMBIES, welches mich für viele viele Stunden vors iPad fesseln konnte. Ich muss aber anmerken, dass ich generell kein großer Freund dieser simplen Spielereien für Zwischendurch bin. Ich konnte mich schon damals nicht für diese Art von Spielen begeistern, als sie noch ausschließlich im Browser, und nicht auf mobilen Geräten gespielt wurden. Und im Prinzp sind sie ja nichts anderes als auf mobile Geräte konvertierte Browser (Flash) Games.

Das seit iOS4.2 fürs iPad verfügbare GAME CENTER ist übrigens eine nette Sache, aber halt nicht mehr. Dort kann man seine freigeschalteten Erfolge und High Scores begutachten und mit den Leistungen seiner Freunde vergleichen, beobachten was diese denn so spielen und sich automatisch Spiele empfehlen lassen, deren Kauf praktischerweise nur einen Fingertipp entfernt ist. Ganz nett dass es dabei ist, aber eine Spielkonsole wird dadurch aus dem iPad noch nicht.

Bevor ich zu meinem persönlichen Fazit komme, muss ich noch kurz ein Wort über die Distribution der Games los werden, also übern den App Store. Die sofortige Verfügbarkeit der Games und der meist günstige Preis (kaum ein Spiel kostet über 10 Euro) sind Fluch und Segen zugleich. Der Segen liegt auf der Hand, die Spiele sind günstig und jederzeit in kürzester (Download) Zeit verfügbar.

Der Fluch an der Sache ist, dass man schnell zum Schnäppchenjäger wird und den Speicher seines iPads bald gefüllt hat, ohne die vielen Apps überhaupt ausgiebig gespielt zu haben. Das ganze entwertet außerdem die klassischen Vertriebsmodelle, denn wenn man es mal gewohnt ist, für ein Programm nur 1-5 Euro hinzulegen, dann fällt der Kauf eines teureren Spiels für eine andere Plattform zunehmend schwerer. Meldungen wie „Was?! Die verlangen 9,- Euro für Final Fantasy VII im PSN Store?! Das ist WUCHER!“ liest man jetzt schon zur Genüge.

Auf Dauer könnte diese Zahlungs-unwilligkeit zu einem Problem der restlichen Spieleindustrie werden, denn schließlich muss die Entwicklung von Spielen ja auch finanziert werden. Man sollte nämlich bedenken, dass auch Rovio etwa 50 Misserfolge produziert hatten, bevor sie mit ANGRY BIRDS die große Cash Cow abgeliefert haben. Aber über das Thema soll an anderer Stelle weiterdiskutiert werden.

FAZIT:

Da das Angebot an iPad Games ständig wächst ist es schwierig, hier ein langfristig gültiges Fazit abzugeben. Als so genannten „Core Gamer“ stört mich vor allem die unbefriedigende Steuerung von schnellen Actiongames. Aber wer weiß, vielleicht findet sich hier ja bald eine geniale Lösung, an die heute noch keiner denkt. Freunde von Adventures und kleinen Zwischendurch-Games werden mit dem iPad auf jeden Fall ihren Spaß haben, insofern sie die Spiele nicht ohnehin schon vom  iPhone oder anderen Plattformen her kennen. Exklusive Titel sind nämlich derzeit noch Mangelware, und ob man 500,- Euro oder mehr für ein Gerät ausgeben will, für das fast nur Spiele gibt, die man schon von wo anders her kennt, muss jeder für sich entscheiden.

Der riesige Touch-Bildschirm beinhaltet aber auf alle Fälle genug Potential für neue, ungeahnte Spielkonzepte, die bisher einfach noch nicht entdeckt wurden. Schließlich ist das iPad ja das erste Produkt seiner Art am Massenmarkt.

Ich persönlich würde das Gerät derzeit noch nicht als „Spielekonsole“ bezeichnen, dafür fehlen einfach die großen exklusiven Titel, die mich länger als 5 Minuten am Stück fesseln können. Dank der Beliebtheit des iPads könnte sich das in den nächsten  Monaten bzw. Jahren aber durchaus ändern, es zahlt sich für den interessierten Gamer also aus, das iPad im Auge zu behalten.

Das war’s jetzt auch mit meiner „Das iPad und ich“ Serie. Ich hoffe ich konnte einige interessante Einblicke geben und vielleicht auch bei der Kaufen/Nicht Kaufen Entscheidungsfindung behilflich sein 🙂

Beste Grüße,

Euer Christian aka Huma

Artikel Serie: Das iPad und ich.

>> Teil 1: Einführung
>> Teil 2: Feels Good!
>> Teil 3: Im Alltag.
>> Teil 3,5: Update.
>> Teil 4: Gaming mit dem iPad