Handhelds VS Konsolen? Das Circlepad-Dilemma.

http://www.engadget.com/2012/06/28/3ds-xl-circle-pad-pro/

Der Gameboy war meine erste, eigene Konsole. Vielleicht kommt daher mein Hang zu tragbaren Devices. Meine ersten Erlebnisse mit dem Medium Videospiel hatte ich zwar schon früher mit dem NES, aber meine liebsten Erinnerungen gehören dem Gameboy. Aber mal von Anfang an.

Grund für diesen Artikel ist der kürzlich von Nintendo angekündige 3DS XL. Dass ich etwas überascht davon war, dass Nintendo wirklich schon so früh eine neue Hardware Revision des 3DS rausbringt, und auf der E3 kein Sterbenswörtchen davon verraten hat, spielt dafür jetzt aber mal keine Rolle. Stein des Anstoßes war, dass auch der 3DS XL kein 2. Circle Pad (aka Schiebepad oder Analog Stick) enthält, obwohl auf dem deutlich größeren Gerät jetzt doch genug Platz dafür wäre.

Das Internet jaulte natürlich auf und schimpfte in kollektivem Unverständnis über dieses Nichtvorhandensein eines zweiten Circle Pads. Ich fand das Fehlen aber nicht so schlimm, und verkündete per Twitter etwas leichtfertig meine damalige Meinung:

„Welches 2-Stick Spiel macht für einen Handheld Sinn, das nicht viel besser auf einer TV-Konsole aufgehoben wäre?”

“Ich halte nix davon, Spiele wie Uncharted und Call of Duty auf die Vita zu bringen. Handheld Games müssen speziell dafür designed sein.”

“Spiele, die 2 Sticks benötigen, haben auf einem Handheld nichts zu suchen.”

Diese Tweets inspirierten den Blogger Andreas Dobersberger sogar zu einem eigenen Artikel auf seinem Blog „Bildschirmsprünge„, wo er ausführlich seine Hingabe zu Handhelds und PC, aber auch seine Abneigung gegenüber Konsolen schilderte. In seiner Utopie wäre es der Idealzustand, wenn exakt die gleichen Games auf Handheld sowie auf Konsole erscheinen würden. Darum freut er sich übrigens auch sehr auf die WiiU, die mit dem Tablet-artigen Gamepad das Bild des TV Geräts jederzeit auf den Controller streamen kann. Aber von der Idee, dass Handheld Games von Natur aus anders sind (bzw sein sollen, wie ich das in meinem Tweets postuliert hatte), hält Andreas nichts.

Sein Artikel hat mich auf jeden Fall zum Nachdenken gebracht. Vor allem darüber, was mich eigentlich zu meinen Tweets hingerissen hat. Wieso sollen „Spiele, die zwei Sticks erfordern, auf einen TV-Konsole besser aufgehoben sein“? Warum sind Uncharted, Call of Duty und Co. auf der Vita nicht gut aufgehoben? Warum „müssen“ Spiele für Handhelds extra dafür designed sein?

Ein Grund für anderes Design von Games für tragbare Konsolen war bisher meistens die Notwendigkeit von kürzeren Levels und Spielabschnitten. Da der Reiz eines Handhelds darin besteht, dass man ihn überall hin mitnehmen kann, etwa in die Straßenbahn, und die ersten Handhelds noch keine Standby-Funktion hatten, mussten die Spielabschnitte kürzer und die Savepoints (sofern vorhanden) öfter gesetzt sein, damit man nach einer 5-minütigen Fahrt nicht mitten im Level gezwungen war, das Gerät abzuschalten und den Spielfortschritt zu verlieren. Durch die Standby-Funktion aktueller Handhelds ist dieses Argument jedoch inzwischen nicht mehr ganz so griffig wie früher.

Ein weiterer Grund war lange Zeit auch die technische Unterlegenheit von Handhelds im Vergleich zu den großen Konsolen. Zahlreiche technische Limitierungen machten es einfach nicht möglich, das volle Konsolenerlebnis auch unterwegs genießen zu können. Diese Limitierungen zwangen die Hersteller von Handheld Games jedoch, diese speziell auf die schwache Hardware zu zuschneiden und sie speziell für diese zu designen. Doch spätestens seit der PSVita haben auch Handhelds die nötige Power, Buttons und Analog-Sticks, um aufwendige Triple-A Games für die Hosentasche zu ermöglichen.

Den dritten Grund, warum sich Handheld Games von „großen“ Games angeblich unterscheiden, habe ich ironischer Weise bereits selbst in einem Blogpost behandelt, und mich dabei sogar gegen eine Unterscheidung ausgesprochen: Der vermeintliche Größenunterschied vom heimischen TV Gerät zum kleinen Handheld-Display, sowie die eher schwachen eingebauten Lautsprecher im Vergleich zur super-tollen Dolby Surround Anlage. Da man den Handheld viel näher vor Augen hat, kann dessen Bildschirm durchaus größer erscheinen als ein moderner Flachbild Fernseher. Und weil er viel mehr Platz im Sichtfeld einnimmt, wird man auch nicht so stark von der Umgebung abgelenkt, wie es etwa beim Betrachten eines drei Meter entfernten TV Geräts der Fall ist. Das gleiche gilt auch für die Verwendung von Kopfhörern, die kaum Ablenkung von außen durchdringen lassen und ein sehr intimes Klangerlebnis bieten. Somit hätte ich meine „Keine großen Games auf Handhelds!“ Behauptung eigentlich bereits vor Monaten teilweise selbst widerlegt. Tja 🙂

Aber auch wenn es heute scheinbar keinen Grund gibt, warum man zwischen Handheld- und Konsolengames unterscheiden sollte, warum finde ich dann, dass sich ein mobiles Uncharted oder ein Unit 13 so falsch anfühlt? Ich vermute, es hängt einzig und allein mit meiner Vergangenheit als Nintendo-Fanboy und Gameboy-Jünger zusammen. Handheld Spiele von Nintendo waren immer anders designed als ihre „großen Brüder“. Handheld Spiele von Nintendo waren immer auf ihre eigene Art eigenständig.

Vermutlich hat sich das irgendwie in mir eingebrannt. Weil Handheld Games von Nintendo immer anders waren, ist es für mich vermutlich auch Ok, dass der 3DS (XL) kein zweites CirclePad hat, und die Spiele auf dem Gerät immer auf eine gewisse Art anders sein werden als auf anderen Plattformen. Ja, vermutlich habe ich mich deshalb auch zu meinen besagten Tweets hinreißen lassen.

Kurz darauf erschien jedenfalls im 3DS eShop die Demo zu dem neuen Kingdom Hearts Titel, einem Spiel in der 3rd Person Ansicht. Kingdom Hearts hat keine automatische Kamera, sondern man muss diese ständig selbst nachjustieren. Ohne zweitem Analog Stick bedeutet dass, das man dafür die Schultertasten verwenden muss. Das Ergebnis ist äußerst durchwachsen, fühlt sich falsch und umständlich an. Handelt es sich hier etwa um „ein Spiel, dass auf dem 3DS nicht zu suchen hat“? Ich kann die Antwort nicht geben.

Und weil mich das Thema nicht mehr los ließ, besorgte ich mir schließlich selbst diesen berüchtigten Aufsatz für den 3DS, das Circlepad Pro (aka Schiebepad Pro) mitsamt Resident Evil Revelations. Ich befürchtete das Schlimmste, war dann aber positiv überrascht. Der 3DS fühlt sich mit dem Zusatz viel mehr nach Gamepad, weniger nach 3DS an. Wer das Circlepad Pro nicht kennt: Es ist an der Unterseite ergonomisch geformt, lässt Platz zum Auflegen der Finger und besitzt zwei zusätzliche Schultertasten, die erfreulich gut erreichbar platziert sind. Insgesamt fühlt sich der 3DS mit dem Circlepad Pro ein klein wenig nach Xbox 360 Controller an. Aber wirklich nur ein klein wenig 🙂

Resident Evil Revelations spielte sich damit anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, weil die Distanz zwischen Circlepad und den ABXY Tasten doch etwas groß ist, und man gern mal daneben drückt. Aber die neuen Schultertasten zogen mich immer mehr in ihren Bann, es macht mir richtig Freude, diese fürs Zielen und Interagieren zu verwenden. Damit hätte ich nicht gerechnet, schließlich war das Circlepad Pro für mich bisher immer bloß „ein Plastikklumpen mit zweitem Analogstick“. Doch dass sich sich dank diesem „Plastikklumpen“ der Spielkomfort erheblich verbessert, überraschte mich nun doch.

Dann kam mir eine Vermutung: Hat sich Nintendo doch mehr dabei gedacht, als sie sich gegen einen zweiten Stick und für einen zusätzlichen, optionalen Aufsatz entschieden haben? War der Hintergedanke etwa: „Das pure Gerät muss schmal und geradlinig sein, mit all den Konsequenzen, die das mit sich bringt. Wer ein Gamepad-ähnliches Erlebnis will, der bekommt dies optional mit dem Circle Pad Pro“. Man stelle sich nur einen ergonomisch, der menschlichen Hand angepassten Handheld vor, mit Schultertasten an der Unterseite, der in kaum eine Hosentasche passen würde…

Kantig, unergonomisch, frickelig, hässlich, draufgeklebt, optional oder was auch immer. Das Design von Handhelds ist wegen deren portabler Natur schon immer extrem kompromissbehaftet gewesen. Man kann einfach keinen Xbox 360 Controller in der Hosentasche transportieren. Sogar die PSVita, die einen zweiten Stick besitzt, ist kein ergonomisches Wunder. Sie ermüdet die Daumen vergleichsweise stärker als ein herkömmliches Gamepad und ist aufgrund ihrer Größe, dem empfindlichen Display und den fragil wirkenden Sticks auch nur beschränkt für die Hostentasche geeignet.

Klar wäre es besser gewesen, wenn der 3DS von Anfang an ein zweites Circlepad integriert gehabt hätte, und dass das Circlepad Pro nach „Fehlentscheidung“ stinkt ist unbestritten. Aber wer mit Handhelds lebt, muss auch mit Kompromissen leben. Und nun, wo ich weiß dass das Circlepad Pro mehr ist als ein „Plastikklumpen mit zusätzlichem Stick“, kann ich ein kleines Stück besser mit dieser vermeintlichen Fehlentscheidung leben. Und ich freu mich schon mächtig darauf, Resident Evil Revelations weiter damit zu zocken.

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