Keine Stimmung auf Handhelds?
Spätestens seit dem Siegeszug der Smartphones vergeht kaum ein Tag, an dem die Gaming-Handhelds nicht totgesagt werden. Der 3DS kommt nur langsam in die Gänge und auch der demnächst erscheinenden PSVita wird eine düstere Zukunft vorausgesagt. Doch wie die Sache ausgeht wird sich ohnehin erst in einiger Zukunft zeigen, weshalb ich auf das Thema gar nicht näher eingehen will. Mich hat vielmehr die folgende Aussage zum Nachdenken gebracht, die man so oder so ähnlich in letzter Zeit immer öfters hört:
„Will ich das von der großen Konsole bekannte Tripple A Game XY überhaupt auf einem Handheld spielen? Auf dem kleinen Screen und mit den mickrigen Lautsprechern kann ja, verglichen mit der stationären Konsole, kaum Stimmung aufkommen„
Als ich neulich in der S-Bahn Final Fantasy 7 auf der PSP gespielt habe, sich rund um mich die Leute drängten, und ich die störenden Umgebungsgeräusche dank In-Ear Kopfhörer ausgeblendet hatte, war ich vollends in das Rollenspiel-Meisterwerk aus dem Jahr 1997 versunken. Plötzlich schoss mir die eben erwähnte Aussage in den Kopf und ich begann die Situation einmal bewusst zu betrachten: Ich hatte die PSP ungefähr 30cm von meinen Augen entfernt und in dieser Entfernung nahm das Display einen Großteil meines Sichtfelds ein. Hmm, dachte ich, eigentlich sehe ich das Spiel im Augenblick viel größer vor mir, als ich es im heimischen Wohnzimmer von der Couch aus wahrnehmen würde. Und auch der Sound des Spiels war dank der Kopfhörer glasklar und ohne gröbere Störgeräusche wahrzunehmen.
Kurz: Ich hatte keineswegs den Eindruck, dass „durch den kleinen Screen und die mickrigen Lautsprecher“ keine Stimmung beim Spielen aufkommen konnte – schließlich war ich ja eben zuvor für eine gute halbe Stunde mitten in die Welt von Final Fantasy 7 hineingesogen worden, ohne viel von der Umgebung mitzubekommen.
Natürlich ließ mich diese Begebenheit den ganzen Tag nicht los. Also machte ich später zu Hause ein kleines Experiment: Zuerst warf ich meine PS3 an und betrachtet den sich mir bietenden Bildausschnitt aufmerksam. Mein 32″ TV Gerät war doch relativ weit entfernt von mir und ein Großteil des Raums befand sich in meinem Blickfeld, wodurch ich leicht von allen möglichen Alltagsgeschehnissen abgelenkt werden konnte (Stichwort: Mit im Moment zu viel Energie aufgeladene Katze).
Als nächstes nahm ich meine PSP und hielt sie etwa 40cm vor mich, fast schon etwas zu weit, um gemütlich spielen zu können. Was mir gleich auffiel, war dass ich im Vergleich zu vorhin die Umgebung viel besser ausblenden konnte, und der PSP Screen in etwa den gleichen Platz wie das TV Gerät in meinem Sichtfeld eingenommen hatte.
Doch je weiter ich die PSP auf mein Gesicht zubewegte, desto mehr füllte deren Screen mein Sichtfeld aus. Und weil sich meine Augen auf diese Ebene fokussierten, war von der gesamten Umgebung so gut nichts mehr wahrzunehmen, solange ich auf den Screen sah.
Der direkte Vergleich dieser drei Situationen bringt ein überraschendes Ergebnis: Die Größe des PSP Screens in naher Entfernung zum Gesicht entspricht durchaus der Größe eines TV-Gerätes! Da soll noch jemand „von einem kleinen Screen“ reden 🙂
Natürlich lassen sich die Situationen „Mit dem Handheld und Kopfhörern in der engen S-Bahn“ und „gemütlich auf der Couch, mit dröhnender 7.1 Surround Anlage und einem Bier vor sich auf dem Tisch“ nicht 100% direkt miteinander vergleichen. Aber da ich mich im letzten Jahr immer öfter dabei ertappt habe, fast schon mehr auf dem Handheld als auf der großen Konsole zu spielen, und ich mich eigentlich kaum darüber beklagen konnte, beim Handheld-Zocken zuwenig von den Spielen gepackt zu werden, finde ich meinen Vergleich eigentlich als berechtigt. Gut, dem Sound sollte man immer über Kopfhörer lauschen, was aber sogar zu einer weitaus intensiveren Spielerfahrung führen kann, als es die oft eher zweitklassigen TV Lautsprecher oder der auf Grund der nachbarschaftlichen Verhältnisse zu niedrige Lautstärkepegel überhaupt erlauben (Obwohl ich an dieser Stelle die vergleichsweise sehr guten Speaker des 3DS loben muss, deren Surround-Features leider so gut wie nie Erwähnung finden).
Was will ich denn nun eigentlich mit meinem kleinen Experiment sagen? Eigentlich nur, dass man die Handheld Konsolen vielleicht doch nicht unterschätzen sollte, was ihre Fähigkeit angeht, den Spieler in den Bann zu ziehen, und dass das „kleiner Screen im Vergleich zur großen Konsole“ Argument wahrscheinlich gar nicht wirklich zutriff, sondern dass durch die kleinere Entfernung sogar ein gleichwertiges, wenn nicht sogar besseres Spielgefühl durchaus möglich ist.
In diesem Sinne freue ich mich umso mehr auf die nun endlich bald erscheinenden 3DS Top-Titel und natürlich auf die PSVita, auf der ich dann nächstes Jahr unterwegs in meinen virutellen Welten versinken kann 🙂
PS: Was natürlich auch noch erwähnt werden muss: Den größten Bildauschnitt von uns allen sehen aber trotzdem weder die Konsolen, noch die Handheld Zocker, sondern letztendlich die PC-Gamer, deren Monitore wirklich so gut wie das gesamte Sichtfeld ausfüllen 😉
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