KommAustria – Muss ich jetzt mit YouTube aufhören? (updated)
Derzeit flattern österreichischen YouTubern Informationsschreiben der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) ins Haus, die darauf hinweisen, dass falls der eigene YouTube bzw. Social Media Kanal den Kriterien eines „Anzeigepflichtigen Mediendienstes auf Abruf“ entspricht, dieser bei der Behörde meldepflichtig ist und bei Nichtmeldung 4000,- Euro Strafe blühen. Gestern erhielt auch ich das Schreiben.
Das Unangenehme an dieser Sache ist, dass man bei einer Anzeigung* automatisch als Selbstständiger gilt, was eine Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer samt Gewerberechtigung (Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen) und SVA Versicherung führt, was mehrere hundert Euro pro Jahr kostet. Egal, ob man mit seinem Kanal überhaupt Geld verdient oder nicht. Zumindest braucht man sich als kleiner YouTuber keine Sorgen um Finanzierungsbeiträge für die KommAustria zu machen, denn die werden erst ab 45.884,- Euro Jahresumsatz fällig.
*Anmerkung: Die Anzeige selbst hat noch keinerlei Konsequenzen und leitet nur die Überpüfung des angezeigten Kanals ein.
Bekanntlich betreibe ich ja einige YouTube Kanäle, die ich alle jeweils einzeln bei der KommAustria anzeigen müsste, falls sie eben den Kriterien entsprechen. Da ich YouTube als reines Hobby, Liebhaberei und zur privaten Selbstverwirklichung betreibe, wäre es mir natürlich das Liebste, wenn mir das erspart bliebe und ich einfach so weitermachen könnte wie bisher. Schauen wir uns also die Kriterien an, die einen YouTube Kanal zum „Mediendienst auf Abruf“ machen (Das ungekürzte Schreiben findet man hier):
- Der Dienst muss eine Dienstleistung darstellen.
- Der Anbieter muss die redaktionelle Verantwortung für den Dienst innehaben.
- Vorliegen eines eigenständig nutzbaren Video-Angebots.
- Die Inhalte müssen fernsehähnlich sein.
- Der Dienst muss an die Öffentlickeit gerichtet sein.
Die Punkte 2 bis 5 treffen auf meine YouTube Kanäle eindeutig zu. Punkt 1 ist also der Knackpunkt. Hier der volle Wortlaut aus der heutigen Mail:
Der Dienst muss eine Dienstleistung darstellen. Dieser Begriff ist weit zu
verstehen und setzt in der Regel eine kommerzielle Verwertung bzw.
gewerbliche Tätigkeit voraus, wobei Gewinnabsicht nicht erforderlich ist. Das
bedeutet auch, dass jene, die einen Social Media Kanal als reines Hobby (ohne
kommerzielle Kommunikation) betreiben, nicht erfasst sind.
Darüber, dass ich mit meinen Videos eine Dienstleistung ausübe, wäre ich mir bisher nicht bewusst gewesen. Ich bin nicht auf eine kommerzielle Verwertung meiner Videos aus und habe keinerlei Gewinnabsicht, im Gegenteil! Ich habe in den letzten Jahren tausende Euros an Ausrüstung und Software in mein YouTube Hobby investiert, ohne jemals davon auszugehen, dieses Geld wieder zurück erwirtschaften zu müssen. Es ist ein Hobby und für ein Hobby gibt man numal sein privates Geld aus.
Mir bereitet auch „Dieser Begriff ist weit zu verstehen“ Sorgen, weil das sehr nach potenziell individueller und willkürlicher Interpretationsmöglichkeit klingt. Überhaupt: Gibt es einen Unterschied zwischen „privater“ und „kommerzieller“ Dienstleistung? Ist Mundpropaganda oder ein privater Produkt-Test bereits eine „kommerzielle“ Dienstleistung? Schließlich profitiert ein Unternehmen ja davon, wenn private Kunden wie ich freiwillig positiv über ihre Produkte in der Öffentlichkeit berichten.
Nun wird seitens der KommAustria beschwichtigt, dass ein rein als Hobby geführter Social Media Kanal nichts zu befürchten habe. Leider gibt es da diesen Zusatz „der kommerziellen Kommunikation“, der übrigens in der zweiten Version der Informationsmail entfernt, und in der dritten wieder hinzugefügt wurde:
Was hat es denn nun mit dieser „kommerziellen Kommunikation“ auf sich? Das Thema ist relativ komplex. So komplex, dass es auf der KommAustria Seite sogar ein üppiges FAQ dazu gibt. Da heißt es unter anderem:
Demnach fallen unter kommerzielle Kommunikation:
Äußerungen, Erwähnungen oder Darstellungen, die
a) der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen (sog. kommerzielle „Wirtschaftswerbung“), oder
b) der Unterstützung einer Sache oder Idee (sog. ideelle kommerzielle Kommunikation)
dienen und einer Sendung (oder einem Angebot) gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung, oder im Fall der oben dargestellten lit. a als Eigenwerbung, beigefügt oder darin enthalten ist.
Ich bin kein Jurist und kann also nur versuchen, dieses Kauderwelsch zu interpretieren. Fällt unter „ähnliche Gegenleistung“ auch der freie Eintritt auf ein Konzert oder Festival und die 3 Freigetränke, die man dort als Pressemensch bzw. Berichterstatter in der Regel erhält? Ist es „unmittelbare oder mittelbare Förderung von Waren und Dienstleistungen“, wenn ich in meinen Videos von einem Event berichte?
Weiters stehen Begriffe wie „Werbung„, „Produktplatzierung„, „Produktionshilfe„, „Sponsoring„, „PR Beitrag“ und „Schleichwerbung“ im Raum. Ich habe mir die Erklärungen zwar durchgelesen, aber als Nicht-Jurist habe ich jetzt mehr Fragen als vorher. Wenn ich von einem Film berichte, den ich mir neulich auf DVD gekauft habe, oder von einem selbst gekauften Buch erzähle, von meiner neuen Lieblings CD schwärme oder über ein tolles Musikfestival berichte, vollbringe ich dann eine Dienstleistung oder betreibe sogar „kommerzielle Kommunikation“? Was ist, wenn ich in einem meiner Videos wiederholt etwa ein Getränk genieße, dessen Marke man deutlich erkennen kann oder ich diese sogar erwähne, dabei aber keinerlei kommerziellen Hintergedanken habe und schon gar nicht mit dem Hersteller in Kontakt stehe?
Wie gesagt, ich bin kein Jurist. Aber gerade deswegen finde ich die Behauptung „Private, nicht kommerzielle Hobby-Angebote sind nicht betroffen„, während das Schreckgespenst der „kommerziellen Kommunikation“ im Raum steht, so beunruhigend.
Und am Beunruhigendsten finde ich den Gedanken, dass ich, wenn meine Kanäle meldepflichtig wären, ich aber nicht hunderte Euro im Jahr an Wirtschaftskammer und SVA für eine Selbstständigkeit ohne jegliche Einkünfte zahlen will (Vom unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand gar nicht zu sprechen), gezwungen wäre, alle meine Videos mit „kommerziellen Inhalten“ zu löschen und somit hunderte Stunden an vergangenen Auf- und Zuwendungen in mein Hobby und meine Freizeit nichtig zu machen.
Da ich rein durch Internetrecherche mit meinem Latein am Ende bin, habe ich am 10.09.2018 folgende Email an die KommAustria geschickt, in der Hoffnung, Klarheit über die Zukunft meiner YouTube Kanäle und meine Zukunft als Hobby-YouTuber zu erhalten:
Sobald ich eine Antwort darauf habe, werde ich diese natürlich hier bekannt geben.
Bis dahin heißt es aber Zittern und Hoffen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Euer humaldo
Update 1, 13.09.2018:
Auf einer Seite der Wirtschaftskammer habe ich folgende Informationen gefunden, die erfreulich klar formuliert sind:
Grundsätzlich muss ein Dienst, um registrierpflichtig zu sein, gewerblich betrieben werden, das heißt die Website, die Videodienste anbietet, muss darauf abzielen, mit dem Anbieten eines derartigen Dienstes Einkünfte zu erzielen.
Das wesentliche Abgrenzungskriterium ist daher, ob damit ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird oder ob das Medium ausschließlich Informationszwecken dient.
Ich interpretiere einmal, dass mit „Dienst“ hier nicht YouTube selbst, sondern ein Kanal auf YouTube gemeint ist. Ich sehe derzeit also keine Notwendigkeit, meine Kanäle bei der KommAustria anzuzeigen, da ich diese, und meine sämtlichen damit in Verbindung stehenden Tätigkeiten, nicht gewerblich betreibe und auch daneben kein Gewerbe betreibe, für das ich mit meinen Kanälen indirekt „Eigenwerbung“ machen könnte. Genau werde ich es aber erst wissen, wenn ich von der Behörde eine Antwort auf meine Mail erhalten habe.
Um meine nicht-gewerblichen Absichten unmißverständlich auch nach außen hin zu kommunizieren, habe ich nun folgenden Text zu meinen Kanalbeschreibungen hinzugefügt:
Dieser Kanal wird rein als privates Hobby und Liebhaberei betrieben. Es findet keinerlei kommerzielle Verwertung, gewerbliche Tätigkeit oder Dienstleistung statt.
Update 2, 13.09.2018:
Eine dramatische Wende: Nachdem ich diesen Blogartikel in der geschlossenen Facebook Gruppe „YouTuber Österreich“ gepostet habe, haben sich User zu Wort gemeldet, die unter anderem kürzlich telefonisch mit einem Mitarbeiter der KommAustria gesprochen haben. Sei haben mir freundlicherweise die Erlaubnis erteilt, ihre Erkenntnisse hier in meinem Artikel zu verwenden. Besonders sei auch auf diese Seite der SVA hingewiesen: Ausnahme bei geringen Einkünften.
Update 3, 14.09.2018:
Ich denke, ich habe den Punkt entdeckt, der meine sämtliche bisherige Argumentation zunichte macht:
Die Dienstleistungseigenschaft kann auch bei Angeboten die gegenüber dem Endnutzer unentgeltlich bzw. werbefrei erbracht werden, vorliegen, sofern sie in Inhalt und Aufmachung entgeltlichen Angeboten entsprechen. (Art. 56 und 57 AEUV)
Das heißt im Prinzip, dass alle Videos, die formal aussehen wie eine gewerbliche Dienstleistung, auch wenn sie keine sind, als solche zu bewerten sind. Somit dürfte jedes YouTube Video, in das auch nur ein Mindestmaß an Vorbereitung, Schnitt und Nachbearbeitung geflossen ist, eine Dienstleistung darstellen, völlig unabhängig vom tatsächlichen Inhalt. Meiner Meinung nach macht es sich der Gesetzgeber hier mit dieser Holzhammer-Methode etwas zu leicht. Dann müsste man vergleichsweise, wenn man einen journalistisch hochwertigen Artikel auf seinen Blog stellt, auch automatisch als kommerzieller Verlag mit allem drum und dran gelten.
Update 4, 14.09.2018:
Die Sache mit der „kommerziellen Kommunikation“ ist im Gesetzestext (AMD-G §2) recht deutlich erörtert. Man sollte diesen Satz auch direkt in das Informationsmaterial der KommAustria aufnehmen, vor allem den Begriff „Produktionshilfe von unbedeutendem Wert“:
Zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation zählen jedenfalls Produktplatzierung, die Darstellung von Produktionshilfen von unbedeutendem Wert, Sponsorhinweise und auch Werbung.
Update 5, 17.09.2018:
Heute wurde ich von einer Mitarbeiterin der RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) angerufen, die mich sehr freundlich darüber informierte, dass die Antwort auf meine Email und diesen Blogartikel in Arbeit ist, ich aber auf Grund der derzeit hohen Arbeitslast erst Ende der Woche damit rechnen kann. Ich nahm die Gelegenheit natürlich gleich zum Anlass, der Dame einige Fragen zum Thema zu stellen. Hier die Infos, die ich aus diesem sehr freundlich und zuvorkommend geführten Telefonat ziehen konnte:
- Die Mitarbeiter haben Verständnis für die Sorgen und die Verwirrung der YouTuber wegem dem komplexen Thema und bieten gerne und jederzeit Unterstützung und Auskunft an.
- Bei Anmeldung des eRTR Service gibt es in ihrem IT-System derzeit keine Option für „Privatperson“, deswegen kann man dort nur als „Einzelunternehmer“ registriert werden. Das bedeutet aber in keiner Weise, dass man durch eine eRTR Registrierung bereits als Selbstständiger gilt oder seine Absicht bekannt gegeben hat, sich selbstständig machen zu wollen.
- Es macht keinen Unterschied, ob man seine Kanäle per eRTR oder per formloser Email registriert.
- Das eRTR Service läuft gelegentlich etwas unrund. Bei technischen Problemen die Anzeige einfach via Email senden.
- Es ist wichtig, dass man seinen Kanal, oder seine Kanäle, bis Ende September 2018 anzeigt.
- Auch wenn das Wort „Anzeige“ sehr negativ behaftet ist, bedeutet das erstmals nur, dass die Kanäle bei ihnen zur Überprüfung aufscheinen.
- Die Anzeige selbst hat hat noch keinerlei Konsequenzen. Man kann mit seinem Kanal einfach so weitermachen wie bisher.
- Wie lange eine Kanal-Überprüfung dauert, kann nicht abgeschätzt werden. Man sollte aber eher nicht mit Tagen, sondern mit Wochen bis Monaten rechnen.
- Es kann nicht im Vorhinein gesagt werden, ob ein Kanal den Kriterien eines „Mediendienstes auf Abruf“ entspricht, weil jeder Kanal für sich von der Behörde genau geprüft und beurteilt werden muss. Das kann nicht abgekürzt werden und nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch.
- Erfüllt ein Kanal die Kriterien, dann steht die RTR/KommAustria auf jeden Fall zum Gespräch bereit und die weiteren Schritte und Möglichkeiten können besprochen werden.
- RTR/KommAustria stehen gerne und unterstützend zur Verfügung, um die verhältnismäßig beste Lösung zu finden.
Nach diesem Gespräch habe ich ein recht gutes Gefühl und werde meine Kanäle demnächst anzeigen. Ich mache jetzt einmal mit dem YouTuben genauso weiter wie bisher und überlege mir die nächsten Schritte dann, wenn meine Kanäle überprüft und bewertet wurden. Sobald Ende der Woche die Antwort der KommAustria auf meine Fragen vorliegt, werde ich sie hier natürlich als Update veröffentlichen. Und dann wird es schon langsam Zeit für einen neuen Artikel, dieser hier quillt schon etwas über 😉
Update 6, 20.09.2018:
Die Antwort der RTR/KommAustria auf meine Frage bezüglich Werbung und kommerzieller Kommunikation ist heute eingetroffen:
„Kommerzielle“ Kommunikation stellt einen einheitlichen Überbegriff für alle Werbeformen dar. Darunter fallen insbesondere Werbung/Werbespots, Sponsoring, Produktplatzierung sowie Produktionshilfen von unbedeutendem Wert und Teleshopping. Die genaue Definition des Begriffs „Kommerzielle Kommunikation“ finden Sie im § 2 Ziffer 2 des Audiovisuellen Mediendienste-Gesetzes (AMD-G).
Unter Werbung wird grundsätzlich jede Äußerung (oder optischer Hinweis) verstanden, die mit dem Ziel der unmittelbaren Absatzförderung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gesendet wird. Bei der Einordnung als Werbung kommt es schließlich drauf an, ob Äußerungen oder Darstellungen dazu geeignet sind, bislang uninformierte Zuseher unmittelbar zu einem Erwerb der Produkte bzw. zu einer Inanspruchnahme der Dienstleistungen anzuregen.
Typisch werbliche Äußerungen iSd gesetzlichen Definition sind etwa Kaufaufforderungen, detaillierte Produkt- und Leistungsinformationen, qualitativ-wertende Beschreibungen, Vergleiche mit anderen Unternehmen bzw. deren Waren und Dienstleistungen, Hinweise auf spezielle Angebote (Aktionen) samt Bezugsquellen oder auch in Bild und Ton zum Erwerb bzw. der Inanspruchnahme anregende Darstellungen (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4, S. 456). Dabei könnte man sich folgende Kontrollfrage stellen: „Ähnelt das Video einem Werbespot?“.
Hinsichtlich des Merkmals der Entgeltlichkeit bei kommerzieller Kommunikation bzw. des Umstandes, dass Sie für die Darstellung des Produktes kein Entgelt erhalten haben, kann dazu Folgendes ausgeführt werden: Nach der derzeit vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für das Vorliegen von Werbung, Sponsoring oder Produktplatzierung unerheblich, ob tatsächlich ein Entgelt bzw. sonstige Gegenleistung geleistet wurde (vgl. VwGH 19.11.2008, Zl. 2005/04/0172). Entscheidend ist vielmehr, ob nach einem objektiven Maßstab für das Erscheinen bzw. Bewerben eines Produktes oder einer Marke innerhalb der Sendung üblicherweise ein Entgelt vereinbart wird. Anderenfalls stünde es im Belieben der Beteiligten, über die Zulässigkeit einer Erwähnung oder Darstellung von Waren, Marken etc. außerhalb von Werbesendungen nach Gutdünken zu disponieren (VwGH 27.01.2006, Zl. 2004/04/0114).
Kommt man unter Anwendung eines objektiven Maßstabs daher zum Ergebnis, dass Werbung zugunsten eines Dritten gestaltet wird, ist der Beitrag aus Konsumentenschutzgedanken entsprechend zu kennzeichnen, auch wenn dafür kein Entgelt bzw. keine sonstige Gegenleistung geleistet wurde (sogenannte „Gefälligkeitswerbung“). Das allgemeine Erkennbarkeitsgebot im § 31 Abs. 1 AMD-G schreibt jedenfalls vor, dass jede audiovisuelle kommerzielle Kommunikation als solche leicht erkennbar sein muss (bei Werbung ist an eine entsprechende Kennzeichnung durch Einblendung zu denken).
Bei der Beurteilung der Frage, ob Werbung, Produktplatzierung oder Sponsoring vorliegt, ist der Gesamteindruck und das Überwiegen der jeweiligen Kriterien maßgeblich. Dabei sind alle Aspekte einer Sendung im Wege einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen und nicht bloß einzelne Äußerungen, um festzustellen zu können, ob die Äußerungen die Absicht zum Ausdruck bringen, Werbebotschaften an die Zuseher zu senden. Beispielsweise ist das entscheidende Abgrenzungskriterium der Werbung zur Produktplatzierung bzw. Sponsoring die unmittelbare Förderung des Absatzes von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen, die bei einer Produktplatzierung oder Sponsoring ausdrücklich verboten ist.
Bei einer Produktbewertung bzw. -rezension, welche je nach Gestaltung unter verschiedenen Aspekten unter kommerzieller Kommunikation fallen könnte, ist insbesondere das Verbot der Schleichwerbung zu berücksichtigen. Bei einer Schleichwerbung wird eine Werbemaßnahme so „getarnt“, dass sie als solche dem Zuseher nicht erkennbar ist.
Besonders wenn es zu einer Zurschaustellung bzw. Einbindung von Markenprodukten oder ähnlichen in einer Sendung kommt, besteht immer die Gefahr, dass durch mangelnde Transparenz der Zuseher hinsichtlich des eigentlichen Zwecks der Darstellung in die Irre geführt wird. In diesem Zusammenhang könnte die Kontrollfrage gestellt werden, ob der Inhalt des Videos über einen rein informativen Charakter bzw. eine sachliche Darstellung hinausgeht.
Die Darstellung erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und deckt auch nicht jede praktische Fallkonstellation ab. Rechtlich verbindlich sind daher ausschließlich der Gesetzestext sowie die einschlägige Rechtsprechung.
Update 7, 21.09.2018:
Nach dem Erhalt der gestrigen Mail (siehe Update 6) habe ich der RTR/KommAustria noch zwei weitere Fragen gestellt, die heute per Email beantwortet wurden:
1) Wenn gelegentliche Äußerungen und Inhalte in meinen Videos eindeutig und umissverständlich als Werbung klassifiziert werden können, macht das meinen Kanal mit Erfüllung der diesbezüglichen Kriterien (Vor allem im Sinne einer „Dienstleistung“) automatisch zum „Mediendiest auf Abruf“ mit allen Konsequenzen (WKO, SVA etc.)? Oder gibt es hier im Zuge ihrer Überprüfung eines Kanals eine „verhältnismäßige Toleranzgrenze“?
Mit der Erfüllung der gesetzlichen Kriterien ist der Dienst als audiovisueller Mediendienst auf Abruf iSd AMD-G zu qualifizieren. Diesbezüglich besteht kein Ermessen der Behörde.
2) Welche Formforschriften gibt es, Werbung zu kennzeichnen? Muss es eine dauerhafte Einblendung sein oder genügt ein temporärer, aber deutlich sichtbarer Hinweis irgendwo im Video? Genügt ein schriftlicher Hinweis im Videotext oder muss der Hinweis im Video selbst vorkommen? Was muss dieser Hinweis beinhalten?
Für Abrufdienste gibt es für die Kennzeichnung von Werbung keine „speziellen“ Formvorschriften, sondern die Werbung muss für den Zuseher nur in geeigneter Weise erkennbar sein (§ 31 Abs. 1AMD-G). Bei Vorliegen von Produktplatzierung, Sponsoring, Teleshopping etc. sind die speziellen Kennzeichnungsverpflichtungen im AMD-G zu beachten. Für nähere Informationen dürfen wir Sie auf die FAQ zur kommerziellen Kommunikation auf unserer Homepage verweisen (https://www.rtr.at/de/m/KommK
omm). Ob eine dauerhafte oder temporäre Einblendung im jeweiligen Fall notwenig ist bzw. an welcher Stelle ein Video gekennzeichnet werden muss, hängt von der konkreten Gestaltung des Videos und der Form der kommerziellen Kommunikation ab. Ist beispielsweise ein Video überwiegend werblich gestaltet, könnte an eine dauerhafte Einblendung „Werbevideo“ gedacht werden.
Update 8, 22.09.2018:
Auf der Website der Mediakraft Networks GmbH wird auch für den Laien verständlich erklärt, worauf bei Werbung im Internet und insbesondere bei Videos zu achten ist. Unter anderem heißt es da:
Was ist keine Werbung?
- Der Influencer kauft ein Produkt selbst ein und stellt es in seinem Video vor;
- Der Influencer bekommt ein Produkt im Wert von unter 1.000,00 € kostenlos zugeschickt und ihr habt ihm zur Verwendung keinerlei Vorgaben gemacht. Das wird auch Produktionshilfe oder Produktbeistellung genannt. Hierzu zählen insbesondere Ausstattungsgegenstände.
Auf cmshs-bloggt.de habe ich folgende Information gefunden:
- Eigenkauf: In Fällen, in denen der Influencer ein Produkt selbst kauft und bezahlt, um es in seinem Video zu präsentieren und die Auseinandersetzung mit dem Video die eigene Meinung des Influencers widerspiegelt, liegt keine Werbung vor.
- Kostenlose Zusendung eines Produkts durch Unternehmen zur Präsentation des Produkts: Stellt ein Unternehmen einem potentiellen Influencer ein Produkt hingegen unentgeltlich zur Verfügung und präsentiert der Influencer dieses Produkt in einem Video, ist danach zu differenzieren, ob das Unternehmen Vorgaben dazu macht, wie das Produkt präsentiert werden soll. Ist der Influencer darin frei, sich auch negativ zu dem erhaltenen Gratisprodukt zu äußern, ist nicht von Werbung auszugehen. Ist die Vorgabe des Unternehmens jedoch, dass der Influencer das Produkt positiv präsentiert und kommt der Influencer dem nach, liegt in aller Regel Werbung vor. Dies sollte nach Ansicht der Landesmedienanstalten durch einen Hinweis wie z.B. „Dauerwerbung″ oder „Werbevideo″ gekennzeichnet werden.
- Product Placement: Liegt der Schwerpunkt des Videos hingegen nicht auf der Präsentation des Produkts, sondern auf sonstigen redaktionellen Inhalten, so dass das Produkt lediglich „bei dieser Gelegenheit″ gezeigt bzw. „in die Handlung eingebettet″ ist, kann es sich hierbei jedoch um sog. Product Placement handeln. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob der Influencer für die Präsentation eine Vergütung enthält oder dieses lediglich kostenlos zugesandt bekommt. Product Placement setzt jedoch voraus, dass der Wert des Produktes 1.000,- EUR übersteigt.
Anmerkung: Diese beiden Quellen stammen aus Deutschland, und anscheinend ist die rechtliche Situation bezüglich so genannter „Gefälligkeitswerbung“ dort etwas anders als in Österreich (Siehe Video ab 26:40).
Update 9, 22.09.2018:
Ich habe mich heute mit dem Betreiber des Polit-Blogs inside-politics.at unterhalten, der sich seit über zwei Jahren intensiv mit dem Thema „Mediendienst auf Abruf“ beschäftigt. Seinem YouTube Kanal wurde damals ein positiver Bescheid ausgestellt, obwohl alle Tätigkeiten von inside-politics.at als ehrenamtlich betrieben werden und keine gewerblichen Tätigkeiten ausgeführt werden.
Der für die KommAustria ausschlaggebende Grund für den positiven Bescheid dürfte gewesen sein, dass sich auf der Website von inside-politics.at PayPal und Patreon Spenden-Buttons befinden und somit eine potenzielle Einkommensabsicht vorliegt. Dass über diese Buttons bisher nur Beträge im niedrigen dreistelligen Bereich lukriert wurden, ist unerheblich, denn schon die Absicht einer „Kostendeckung“ ist ausschlaggebend. Bei dem Gespräch mit dem Betreiber von inside-politics.at ist außerdem auch der Begriff des „Bagatellbereichs“ gefallen, in dem höchstwahrscheinlich (bzw. hoffentlich) mein gefürchteter freier Eintritt und die drei Freibier auf Konzerten fallen.
Wer auf seinem YouTube Kanal die Monetarisierung deaktiviert hat, wirklich rein nur über privat gekaufte Produkte redet, in keiner gewerblichen Verbindung mit den Herstellern steht, keine Möglichkeiten für Spenden anbietet und auch nebenher nicht selbstständig ist, der sollte eigentlich Punkt 1 „Der Dienst muss eine Dienstleistung darstellen“ nicht erfüllen und somit keinen „Mediendienst auf Abruf“ betreiben.
Die Betonung liegt hier aber natürlich auf „sollte“.
Um ehrlich zu sein, so richtig kann ich immer noch nicht einschätzen, ob meine Videos nun wirklich den Tatbestand der Werbung bzw. kommerziellen Kommunikation erfüllen oder nicht, und ob ich wirklich bald als „Fernsehsender“ mit allem drum und dran gelte. Ich werde wohl darauf warten müssen, wie die KommAustria letztendlich entscheidet. Meine sechs YouTube Kanäle habe ich auf jeden Fall bereits über die eRTR Plattform offiziell angezeigt. (Tipp: Weil die eRTR Webseite nach einer gewissen Zeit einen stillen Timeout hat, und beim Absenden des Formulars dann alle Inhalte verloren gehen, empfehle ich, den Text eher nicht im Browser, sondern in einem separaten Texteditor zu verfassen und danach ins eRTR reinzukopieren)
Ich werde diesen Artikel jetzt auch zu einem Ende kommen lassen und einen neuen Artikel hier auf der HumePage erstellen, sobald Entscheidungen über meine Kanäle vorliegen. Im besten Fall können diese dann auch als anschauliche Präzendenzfälle für andere YouTube Kanäle dienen. Angenommen, ich muss mich wegen meiner YouTube Videos wirklich selbstständig machen, dann werde ich die notwendigen Schritte und meine diesbezüglichen Erfahrungen hier natürlich ebenfalls dokumentieren.
Fürs erste wars das jetzt aber einmal. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit, ich hoffe, dass dieser Artikel hilfreich für euch war!
Bis bald,
Euer humaldo
Update 10, 28.01.2019: Juhu, es ist endlich offiziell: Meine Kanäle gelten NICHT als „Mediendienste auf Abruf“! Alle Infos dazu in diesem Blogpost.
Quellen:
Audiovisuelles Mediendienste-Gesetz (AMD-G)
RTR-KommAustria Gesetz (KOG)
https://www.rtr.at/
https://www.rtr.at/de/m/InfoAbruf
https://newsv2.orf.at/stories/2388835/
https://www.rtr.at/de/m/FAQKommKomm
https://www.rtr.at/de/inf/YouTube_25042017
https://www.facebook.com/groups/YouTubeOesterreich/
https://www.svagw.at/cdscontent/?contentid=10007.740793
https://blog.mediakraft.de/werbekennzeichnung-439668f9ccca
https://www.trendingtopics.at/rtr-kommaustria-youtuber-facebook/
http://greengood.at/youtube-inmitten-oesterreichischer-buerokratie/
https://www.rtr.at/de/m/FAQAbrufSocialMedia/FAQ_Abrufdienste_V.1.0_072018.pdf
https://www.neue.at/wirtschaft/2018/01/03/gesetz-macht-youtuber-zu-tv-sendern.neue
https://www.inside-politics.at/2018/09/06/367-im-visier-kommaustria-geht-gegen-youtuber-vor/
https://www.horizont.at/home/news/detail/kommaustria-und-rtr-nehmen-youtube-ins-visier.html
https://www.trendingtopics.at/wieviel-muessen-youtuber-dem-medien-regulator-tatsaechlich-bezahlen/
https://derstandard.at/2000086895132/Medienbehoerde-informiert-YouTuber-ueber-moegliche-Meldepflicht
https://www.cmshs-bloggt.de/gewerblicher-rechtsschutz/wettbewerbsrecht/werbekennzeichnung-auf-youtube/
https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5492020/Anmelden-oder-Strafe_Post-von-Behoerde-fuer-Oesterreichs-PromiYoutuber
https://www.wko.at/branchen/information-consulting/werbung-marktkommunikation/Meldepflicht_bei_der_RTR_____Videocontent.html